Folsäuremangel - Auswirkungen & Symptome in der Schwangerschaft

In der Schwangerschaft trägst du nicht nur Verantwortung für dein eigenes Wohl, sondern auch für dein ungeborenes Baby. Ein Mangel an Folat beziehungsweise an der synthetischen Form Folsäure kann bereits in den allerersten Schwangerschaftswochen schlimme Folgen haben.

Frau in einem Kleid.
Frau in einem Kleid.
Frau in einem Kleid.

Folsäureversorgung im Überblick

Weltweit sind mehr als vier Milliarden Menschen nicht ausreichend mit Folat versorgt. Auch in Deutschland ist das Problem dieser mangelhaften Versorgung weit verbreitet. Studien zeigen, dass mehr als die Hälfte der Frauen deutlich weniger Folat aufnehmen, als es Fachleute empfehlen. Und unter Schwangeren – bei denen der Bedarf besonders hoch ist – nehmen nur rund 36 Prozent die empfohlene Menge Folsäure als Nahrungsergänzungsmittel ein. Und das, obwohl eine ausreichende Versorgung mit Folat und Folsäure im ersten Trimester besonders wichtig ist, also bereits zu einem Zeitpunkt, wenn die Schwangerschaft womöglich noch nicht bekannt ist.

Was sind die Ursachen für einen Folatmangel in der Schwangerschaft?

Dass viele Menschen nicht ausreichend mit Folat versorgt sind, liegt vor allem an der Ernährung. Rund 59 Prozent der Befragten essen nicht einmal die empfohlene Menge von 250 Gramm Obst am Tag. Und mehr als 87 Prozent erreichen die von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfohlene Tagesmenge von 400 Gramm Gemüse nicht. Das hat auch Folgen für die Folatversorgung während einer Schwangerschaft. Der erhöhte Folatbedarf in der Schwangerschaft ist mit einer solchen Ernährung noch schwieriger zu decken.

Symbol für ein Baby.

Erkrankungen und Medikamente

Es gibt noch weitere Faktoren, die einen Folatmangel begünstigen können. So beeinflussen bestimmte Medikamente (zum Beispiel die Antibabypille) die Aufnahme oder den Stoffwechsel von Folat im Körper. In solchen Fällen kann der Bedarf steigen, ohne dass er rechtzeitig erkannt wird, und die Schwangerschaft beginnt bereits mit einem Mangel. Gesundheitliche Probleme wie eine Essstörung oder eine chronisch-entzündliche Darmerkrankung führen in manchen Fällen ebenfalls dazu, dass die Nährstoffversorgung nicht ausreicht.

Symbol für ein Baby.

Zeitpunkt der Schwangerschaft hat Einfluss auf die Folatversorgung

Ein erhöhtes Risiko für einen Folatmangel haben auch sehr junge Schwangere. In der Pubertät braucht der Körper viel Folat für das eigene Wachstum. Wenn bereits kurz darauf eine Schwangerschaft eintritt, sind die Speicher oft nicht ausreichend gefüllt.

Ähnliches gilt für Frauen, die mehrere Schwangerschaften in kurzem zeitlichem Abstand haben: Der Körper hat dann einfach nicht genug Zeit, seine Reserven wieder aufzufüllen.

Symbol für Mutter und Kind.

Zu späte Einnahme von Folsäurepräparaten

Viele Frauen beginnen nicht schon bei bestehendem Kinderwunsch mit der Einnahme von Folsäurepräparaten, sondern erst nach Bekanntwerden einer Schwangerschaft – ein Teil (knapp 20 Prozent) nimmt sogar gar keine zusätzliche Folsäure ein. Dabei ist gerade die Zeit vor und in den ersten Wochen nach der Empfängnis entscheidend. Hier erfährst du mehr über die Bedeutung von Folsäure im ersten Trimester einer Schwangerschaft.

Schwangerschaft: Erste Wochen sind kritische Phase für Folsäuremangel

Ein Mangel an Folsäure beziehungsweise Folat kann schon Auswirkungen haben, ehe die Schwangerschaft überhaupt erst entdeckt wird. Viele Frauen haben bereits zu wenig Folsäure im Körper, bevor sie den positiven Test in der Hand halten. Dabei passiert in diesen ersten Wochen Entscheidendes bei der Entwicklung des Kindes: Zwischen der 3. und 4. Schwangerschaftswoche bildet sich das sogenannte Neuralrohr – die frühe Anlage des zentralen Nervensystems. Aus diesem Neuralrohr entwickeln sich später Gehirn und Rückenmark.

Mögliche Folgen eines Folsäuremangels fürs Baby

Das Neuralrohr muss sich bis zur 4. Schwangerschaftswoche vollständig schließen. Passiert das nicht, kann es zu Fehlbildungen kommen – zu sogenannten Neuralrohrdefekten. Die bekannteste Form ist die Spina bifida, im Volksmund „offener Rücken“ genannt. Dabei bleibt das Rückenmark teilweise ungeschützt, was zu dauerhaften körperlichen Einschränkungen, Lähmungen oder lebenslangen Behinderungen führen kann.

Schätzungen zufolge tritt ein fehlerhafter Verschluss des Neuralrohrs bei rund einer von 1.000 Geburten auf. Und obwohl es andere Risikofaktoren gibt – wie genetische Veranlagung, Diabetes, bestimmte Medikamente oder eine frühere Schwangerschaft mit Neuralrohrdefekt – gilt ein Folatmangel beziehungsweise eine Unterversorgung mit Folsäure als der häufigste vermeidbare Risikofaktor. Auch angeborene Herzfehler, ein geringes Geburtsgewicht und Wachstumsverzögerungen können ebenfalls durch eine unzureichende Versorgung mit Folat und Folsäure begünstigt werden. Auch das Risiko für Frühgeburten steigt.

Oft unbemerkt: unscheinbare Symptome eines Folatmangels

Ein Folatmangel verläuft oft schleichend und bleibt lange unbemerkt – besonders, wenn keine regelmäßige Blutuntersuchung erfolgt. Viele Anzeichen sind unspezifisch und können mit allgemeiner Erschöpfung oder Stress verwechselt werden.

Häufige Symptome bei einem Folatmangel sind ausgeprägte Müdigkeit, verminderte Leistungsfähigkeit, Konzentrationsstörungen oder allgemeines Schwächegefühl. Auch blasse Haut, Reizbarkeit und depressive Verstimmungen sind möglich. Im fortgeschrittenen Stadium kann es zu einer sogenannten makrozytären Anämie kommen, einer Form der Blutarmut, bei der die roten Blutkörperchen vergrößert sind.

Wenn du solche Symptome bei dir bemerkst, solltest du nicht zögern, einen Arzt oder eine Ärztin aufzusuchen. Im Blutbild lassen sich klare Hinweise darauf finden, ob der Folat- beziehungsweise der Folsäurespiegel zu niedrig ist: Zum einen der geringe Wert im Serum selbst, aber auch ein erhöhter Homocysteinspiegel oder ein vergrößerter MCV-Wert (mittleres Volumen der roten Blutkörperchen) können auf einen Mangel hinweisen.

Übrigens: Ein Zusammenhang besteht auch zwischen einem Mangel an Vitamin B6, B12 und Folat, vor allem in Bezug auf Symptome, die sich ähneln oder verstärken können, weil alle drei Vitamine eng miteinander im Stoffwechsel von Nervenzellen und bei der Blutbildung zusammenarbeiten.

Folatmangel: Wann solltest du Folsäure einnehmen?

Damit es aufgrund eines Mangels gar nicht erst zu Risiken für Mutter und Kind kommt, ist der Zeitpunkt der Folsäureeinnahme entscheidend. Die offiziellen Empfehlungen lauten, bereits mindestens vier Wochen vor einer geplanten Schwangerschaft mit der Einnahme von Folsäure zu beginnen. Der Körper braucht eine gewisse Zeit, um seine Speicher aufzufüllen. Wenn du also einen Kinderwunsch hast – selbst wenn es nur eine vage Idee ist – solltest du frühzeitig handeln.

Die empfohlene Dosis liegt bei 400 Mikrogramm (µg) Folsäure pro Tag in Form von Tabletten oder Kapseln. Diese Menge solltest du bis zur 12. Schwangerschaftswoche beibehalten, denn das erste Trimester ist die sensible Phase für die Entwicklung des Nervensystems.

Diese Empfehlung einzuhalten, ist besonders wichtig für dich, wenn

  • du einen Kinderwunsch hast – auch wenn du „nur mal schaust, ob es klappt“,
  • du schon ein Kind mit einem Neuralrohrdefekt bekommen hast,
  • du rauchst,
  • du eine chronisch-entzündliche Darmerkrankung hast,
  • du die Antibabypille aufgrund deines Kinderwunsches absetzen möchtest,
  • du weißt, dass du eine Genvariante hast, welche die Umwandlung der Folsäure erschwert.

In den genannten Fällen kann sogar eine höhere Dosierung notwendig sein. Deshalb ist es wichtig, dass du gemeinsam mit deiner Frauenärztin oder deinem Frauenarzt über deine individuelle Situation sprichst, wenn einer oder mehrere Punkte auf dich zutreffen.

Zwar ist es theoretisch möglich, auch den erhöhten Folatbedarf in der Schwangerschaft über die Nahrung zu decken, doch in der Praxis ist das eigentlich nicht machbar. Zum einen, weil beim Kochen und Lagern ein erheblicher Teil des natürlichen Folats verloren geht. Zum anderen, weil du täglich sehr große Mengen essen müsstest, um auf die empfohlene Menge zu kommen. Selbst bei gesunder Ernährung erreichen viele Frauen den nötigen Folat- beziehungsweise Folsäurespiegel im Blut nicht – vor allem nicht rechtzeitig vor der Schwangerschaft. Ein Nahrungsergänzungsmittel mit Folsäure ist daher in der Regel die beste Lösung für dich und dein Kind.

Quellen:

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